Alle Artikel in: Essay

Gefährliche Selfies – sichere Klicks

Der Generation Instagram reicht der Blick in den Spiegel nicht mehr aus. Sie will mehr. Und sie riskiert dabei immer mehr. Selfies sind populärer denn je, sogar Barack Obama wurde schon mit einem Selfie-Stick gesichtet. Aber wie sieht es aus, wenn Fotografen und Künstler das Massenphänomen Selfie negieren oder mit der übersteigerten Selbstwahrnehmung arbeiten?   Schon früh bekommen wir beigebracht, von Fremden nichts anzunehmen. Als ich auf der Praterstraße in Wien spazierend gerade in ein Brötchen biss, stellte sich mir die Frage gar nicht erst, ob ich nach der Zeitung greifen sollte, die mir zur kostenlosen Mitnahme angeboten wurde. Ich hatte keine Hand mehr frei. Ein Blick auf den Titel der Zeitung ließ mich allerdings schnell mein Käsebrötchen einpacken und selbige, freundlich mit dem Kopf nickend, entgegennehmen. Der Kurier, die – nach eigenen Angaben – unabhängige Tageszeitung für Österreich, titelte am 22. September: „Tödliche Selfies. Unfälle. Mehr Tote beim Fotografieren als durch Haiattacken.“ Ja, das ist nicht schön. Nichts davon. Haie gelten gemeinhin, darüber gibt Wikipedia Auskunft, als kaltblütige Killer und Menschenfresser. Und das obwohl …

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Kleine Geschichte der Kultur erzählt in Emojis

Am Samstag machte ein Tweet von Nils Markwardt, Redakteur des Philosophie Magazins, die Runde. Er schrieb eine kleine Philosophiegeschichte in Emoticons. Foucault wies er beispielsweise – klar, Markenzeichen – eine Brille zu, dem Urvater des Zettelkastens Niklas Luhmann eine Büroklammer und dem Tierbefreier Peter Singer einen süßen Hundekopf. Auf Twitter wurde aus der kleinen ganz schnell kollaborativ eine große Philosophiegeschichte. Und Nils Markwardt legte eine kleine Literaturgeschichte in Emojis nach, die ebenfalls schnell erweitert wurde. Ich selbst half mit einer Liste von Porträts von Künstlern als Emojis aus. Heute schrieb das @pixelfrollein auf Twitter an der Kulturgeschichte in Emojis weiter, schließlich fehlten noch die Musiker. Wer heute Morgen einen Blick in die Süddeutsche Zeitung geworfen hat, konnte unter der Überschrift „Schillers Glocke“ die kleine Philosophie- und Literaturgeschichte von Nils Markwardt erzählt in Emoticons auf Papier nachlesen. #DieZukunftderPrintmedien im Blick zu haben, bedeutet, dass auch mal Teile des Internets ausdruckt werden. Und wer wissen möchte, wie die große Kulturgeschichte erzählt in Emojis aussieht, der lese auf Twitter weiter und schreibe vielleicht sogar mit an der Geschichte.

A lot of White, a lot of Wood, a lot of Beds. Instagram and Photography

Ryan McGinley has a dog now, and his name is Dick. The owner is pleased whenever someone loudly calls Dick. The dog roams about Instagram as #dickthedog, and he and his owner have more than 70,000 followers. Beyond the app, Ryan McGinley is known as the photographer who was the youngest artist to have a solo show at The Whitney. In the late 90s, he periodically traveled the country with kids of his age. The iconic photos he took on these road trips captured a generation of young Americans as they weightlessly glided across meadows, tumbled through the air, and buzzed through the night. The images told of adventures, of coincidences, and of sheer possibilities. In social media, McGinley rarely shows his own work. Dick has become the main character frolicking across meadows, climbing rocks, or taking a bath in a river or brook. It is a bit like everywhere else on Instagram, one might very well think. There is the pet, everyday life, and very little photography. Indeed, there are only a few well-known photographers …

In Kreuzberg und anderswo trinkt man wieder Filterkaffee. Foto: Anika Meier

Wachbleiben. Kleine Kulturgeschichte des Kaffees

Kreuzberg, Hackney oder Williamsburg heißen die Stadtteile, in denen die dritte Kaffeerevolution stattfindet. Seit der Kaffee im 17. Jahrhundert nach Europa kam, und seit es in den 1950ern chic wurde, Espresso zu trinken wie die Helden italienischer Filme, hat sich einiges getan. Vielleicht ist das gar kein Umsturz. Aber es ist neu, dass die arrivierten Mittelstandskaffeetrinker jetzt genau wissen wollen, woher ihr Kaffee kommt. Pur soll er getrunken werden, ohne Haselnuss- oder Himbeersirup, ohne Sahne oder Sojamilchschaum. Die Frage nach der Röstung ist wichtiger als die Frage nach Milch und Zucker (weder noch, ist meistens die Antwort). Hier geht es vor allem um den Kaffee. Aber beim Kaffeetrinken geht es auch um alles andere. Die Geschichte des Kaffees ist die Geschichte der europäischen Moderne. Oder umgekehrt. In den ersten Kaffeehäusern in England, um 1650, herrschte ein egalitärer Geist, zumindest unter denjenigen, die sich das teure Getränk leisten konnten. Es durfte sich jeder neben jeden setzen, und jeder durfte mit jedem sprechen. In Paris eröffnete 1689 das Café Procope. Anne-Antoinette Diderot gab ihrem Mann jeden Tag neun …

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Top of Instagram. The Best of 2014

Once upon a time, although no one remembers exactly when, you had to take pictures with a camera, and you had to wait days or weeks for the results – until the film roll was finished, anyway. When you picked up your pictures, whatever happened some time ago, you had it on paper. Back home, you’d show the pictures to family and friends, go back to the lab to have more prints made. Meticulously, the pictures were stored in drawers or boxes. The special ones would be put in an album, with the date and a couple of words. Inscribed into the photograph was a mnemonic function, and the photos ensure: “It has been like this.” (Roland Barthes) Just before the end of the year, the photo-sharing service Instagram was reported to have more than 300 Million users. Immediately followed by the headline that Instagram is bigger than the messaging-service Twitter. A picture says more than a thousand words, so you’d rather communicate via images in the first place. People want to see images, anywhere and …