Neues
Schreibe einen Kommentar

Aufgelesen 2015.4: Kokain, Eis und Beton

Unter dem Stichwort Aufgelesen versammeln wir Fundstücke aus dem Netz. Leseempfehlungen sowie Kurioses über Kunst und fern der Kunst findet hier seinen Platz.

 

Academia schafft es immer wieder mit eigentlich Bekanntem zu schocken. Vor einiger Zeit hatten Zeit und Zeit Online im Rahmen einer Crowdsourcing-Aktion jungen Wissenschaftlern einige Fragen gestellt. Es ging um die Arbeitsbedingungen, Familienplanung und um vieles mehr. Inzwischen wurden die Antworten ausgewertet und die Ergebnisse publiziert. Nun hat man also herausgefunden, dass Familie und Karriere an der Uni nicht miteinander vereinbar sind und einiges mehr nicht ganz rund läuft. Surprise. Die FAZ titelte diese Woche: Erschlichene Stellen, erkaufte Titel. Auch hier war eine Studie Anlass für den Beitrag. Was man so mitbekommt an der Uni:

27 Prozent der Befragten in Deutschland erwähnen, mindestens einen Fall von Seilschaften oder anderen Mauscheleien bei der Stellenvergabe beobachtet zu haben. Zum Vergleich: Im bestplazierten Großbritannien waren es nur 7 Prozent.

Wer ein bisschen wissenschaftlichen Input braucht, der nicht ganz so verstaubt ist, der werfe einen Blick in das sechste Heft der Zeitschrift Pop, das im Frühjahr erschienen war und jetzt komplett online gelesen werden kann. An Themen gibt es: Whatsapp und Snapchat, die Ästhetik der Gewalt, Billig-TV und Selfie-Übergriffe und noch viel mehr. Und da wir Dank einer Studie wissen, dass Leser sich auch längere Texte zu Gemüte führen, wenn sie von einer vertrauten Quelle kommen, sind wir uns sicher, dass ihr Pop von der ersten bis zur letzten Seite lesen werdet.

Und wo wir gerade bei nicht mehr ganz druckfrischen Texten sind. The Traval Almanac hat ein Interview mit dem Fotografen Juergen Teller online gestellt, das 2013 erschienen war. Wir haben uns damals das Heft gekauft und sozusagen live gelesen. Was er über das Reisen und das Leben erzählt: „Venezuela was also the first time people offered me cocaine, I was a gringo back then, but it was definitely the best cocaine I’ve had my entire life. [laughs]“

John Travolta hat in den letzten Tagen auch so einiges durchgemacht. Unser liebster confused Travolta kommt von einem unserer liebsten Instagram-Accounts:

I’m like, where’s the stairs?

A video posted by Ugly Belgian Houses (@uglybelgianhouses) on

Man fragt sich ja, warum nicht John Travolta Person des Jahres geworden ist. Wired hat noch einen besseren Vorschlag: das Tränen lachende Emoji, das kürzlich vom Oxford Dictionary zum Wort des Jahres gewählt worden ist. Wired listet einige Gründe für die Popularität des gelben Lachers auf.

In other words: Part of what makes 😂 so versatile is its jokiness, which often is preferable to more serious emoji that might more accurately describe a feeling. Misstatement and embellishment are fundamental parts of the Internet, of course. We don’t use „It me“ to talk about ourselves, and we don’t use „dead“ to talk about death. „I think there’s an over-exaggerated nature to it that people seem to like to convey over text,“ says Benenson. „Kind of like when people type ‘LOL’ but don’t really laugh out loud. Or ‘literally dying“—there’s a hyperbole to it that conveys humor as well.“

Teju Cole hat sich in seiner Kolumne On Photography in der New York Times ein paar Gedanken über ein anderes Phänomen gemacht: Über Instagram, Stephen Shore und noch mehr Fotografen, die Social Photography schätzen. Cole hat übrigens auch einen Instagram-Account

Interlaken, June 2014.​ ​The horizon (the limit) is horizontal. Where water meets land on the distant shore, where water meets the sky​, ​​is a level line. The human animal, the animal that stands, is vertical. And, standing, the human animals seeks out or creates other vertices. In its field of vision are trees, towers, and houses. Beyond these two axes, between them, is the mountain. The mountain is both vertical and horizontal. From the level line, the vertical line, and the triangle, are formed the elementary geometry of the landscape. The European languages, beginning with Greek, agree on the word for horizon: horisontti, Horizont, orizzonte, horyzont, horizonte, horizon, горизонт, horisont.​ #blindspot​

A photo posted by Teju Cole (@_tejucole) on

Motherboard, die Vice-Inkarnation für alles, was mit Technik zu tun hat, schreibt auch über Instagram. Und zwar über die Propaganda-Accounts des Islamischen Staats. Das Erschreckende daran ist: Diese Accounts bedienen sich der Ikonographie, die in den sozialen Medien ohnehin en vogue ist.

Dass brutalistische Architektur fotogen ist, wissen wir schon eine ganze Weile. Zum Beispiel veranstaltete die Berlinische Galerie vor einigen Monaten einen Instawalk rund um Bauten aus der Nachkriegszeit – wir berichteten. Jetzt vom nächsten großen Ding zu sprechen, wie es das art Magazin gerade getan hat, ist also etwas spät. Und wenn man die instagrammenden Hipster belächelt, die den Kitzel des ästhetisch Abgelegenen suchen, greift das natürlich auch zu kurz. In England hat die Sichtbetonarchitektur schon lange einen Platz in der Popkultur, zuletzt mit der BBC-produzierten Spionageserie „The Game.“ Und an dem Gangsterfilm-Klassiker Get Carter sind nicht nur Michael Caines Anzüge bemerkenswert. In dem Film von 1971 lässt sich nämlich beobachten, wie die Betonarchitektur aussah, als sie noch neu war. Man sieht schon: Schön ist das nur bedingt, und auch nicht leicht zu mögen, wie Roman Mars findet.

 


Aber es geht ja nicht nur darum, ob Sichtbeton ästhetisch ansprechend ist: Jonathan Glancey geht der Geschichte der gebauten Utopien und geplanten Städte seit der Antike nach, eng verbunden mit der Frage, wie wir leben wollen. Der Architekt Vittorio Magnago Lampugnani fragt sich, wie eine menschenfreundliche Stadt aussehen soll. 

In New York wollte ein Mann das Metropolitan Museum verklagen, weil die Christuskinder, die er dort gesehen hat, hauptsächlich weiß und blond sind. Er hat zwar nicht ganz Recht, aber das sind natürlich Fragen, die gestellt werden müssen. Hyperallergic versucht sich an ein paar Antworten.

Außerdem war in den vergangenen Tagen der Klimagipfel in Paris. Und Olafur Eliasson zeigt eine Arbeit, die sich mit dem Klimawandel auseinandersetzt, bestehend aus zwölf Eisblöcke vor dem Grand Palais. Allerdings: Die Klimabilanz der Aktion ist wiederum ziemlich schlecht, weiß die New York Times zu berichten. Bewegte Bilder dazu gibt es auf der Website zum Projekt. Und noch viele Bilder mehr auf Instagram unter #IceWatchParis.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *