Interview, Kunsthistoriker im Gespräch
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Plagiatskontrolle: Ehrlich währt am längsten

Sie haben die Plagiatskontrolle lange vor Guttenberg & Co eingeführt. Gab es dafür einen konkreten Anlass?

Mehrere Dozenten hatten das Gefühl, dass vermehrt aus dem Internet abgeschrieben wird, ohne dass ich einen konkreten Fall nennen könnte. Sie hatten die Idee, eine solche Plagiatskontrolle einzurichten, die daraufhin auf einer Dozentenbesprechung beschlossen wurde.

Der Verdacht kam also von Seiten der Dozenten und bezog sich stärker auf Internetseiten als auf Literatur?

Ja, vor allem Internet-Quellen wurden herangezogen, etwa Wikipedia und dergleichen.

Wie waren die Reaktionen von Seiten der Studenten auf die Einführung der Plagiatskontrolle? Gab es Einwände?

Erstaunlicherweise nicht. Mir ist jedenfalls nichts Negatives zu Ohren gekommen.

Die Einführung einer Plagiatskontrolle lässt Misstrauen seitens der Lehrenden gegenüber den Studenten vermuten. Sehen Sie eine solche Kontrolle als eine Form von Misstrauen oder geht es um die Eindämmung des Diebstahls via Internet?

Ich sehe das gar nicht als Misstrauenssache. Wer ehrlich arbeitet, hat die Plagiatskontrolle ja nicht zu fürchten.

Der Verdacht richtet sich nicht gegen einen Studenten persönlich, sondern gegen die allgemeine Verlockung, die das Internet bietet. Dem wollen wir abhelfen. Die Plagiatskontrolle ist sozusagen eine Hilfe, seine Ehrlichkeit zu zeigen.

Was ist für das Programm, das Sie verwenden, ein Plagiat?

Das Programm untersucht Übereinstimmungen von Worten mit Internetquellen und der Hausarbeit. Fußnoten und Zitate werden erst einmal markiert. Man kann diesen Modus ausschalten, man kann aber auch sagen, dass alles unter 10% unverdächtig ist, weil es eben erfahrungsgemäß aus Zitaten und Fußnoten kommt.

Stellen Sie seit der Einführung der Plagiatskontrolle eine Verbesserung in der Einhaltung wissenschaftlicher Standards fest? Wird tatsächlich weniger geschummelt?

Es ist uns seitdem jedenfalls kein schwerwiegender Fall begegnet.

Das heißt, es wurde bisher auch kein Student auf frischer Tat ertappt?

Nicht mit Hilfe des Systems. Ein Student wurde jedoch beim Abschreiben von Literatur erwischt. Das fiel einem Dozenten aufgrund von Stilbrüchen im Text auf. Wir verlassen uns also nicht blind auf die Plagiatskontrolle mit dem Programm, sondern passen weiterhin auf, wenn es Auffälligkeiten im Text gibt.

Plagiate können nur aus dem Internet festgehalten werden. Bei nicht digitalisierter Literatur muss noch der Dozent in seinem Themenbereich so weit belesen sein, dass er dies erkennt.

Ist es auch möglich, dass Studenten eine direkte Rückmeldung des Programms über das Ergebnis der Plagiatsprüfung erhalten?

Das ist eigentlich nicht vorgesehen. Man kann sich als Student nicht selber bei diesem Programm anmelden - man müsste gegebenenfalls den Dozenten fragen, ob es Auffälligkeiten gab. Wir haben vereinbart, um den Aufwand nicht ausufern zu lassen, dass sich der Dozent nur meldet, wenn es Auffälligkeiten gibt.

„Talent borrows, genius steals“. Oscar Wildes Dictum hat für die Wissenschaften heute weniger Gültigkeit denn je. Die Plagiatskontrolle kann verhindern, dass fremde Inhalte gestohlen werden, allerdings kann sie nicht verhindern, dass von Dritten, also Ghostwritern, Qualifikationsschriften verfasst werden. Wie gehen Sie vor, wenn solch ein Verdacht vorliegt?

Das wurde bisher nicht diskutiert.

Bisher konnte ein Rückgriff auf bereits geschriebene Hausarbeiten nur anhand von Scheinen oder dem Wissen der Dozenten nachgewiesen werden. Gibt es mit dem Programm die Möglichkeit, alte Hausarbeiten online zu archivieren?

Das System lernt mit, ja. Es erkennt Hausarbeiten wieder, die einmal eingelesen wurden. Alle bisherigen Hausarbeiten, die dieses System durchlaufen haben, werden also in eine Vergleichsdatenbasis miteinbezogen. So hatte ich schon einen Fall, bei dem es erstaunlich viele Übereinstimmungen gab. Das hatte aber den einfachen Grund, dass das Thema einem bereits bearbeiteten sehr ähnlich war. Literatur- und Zitatquellen stimmten überein, aber die Argumentation war eigenständig und daher war das unproblematisch.

Kommen Kollegen anderer Institute auf Sie zu und informieren sich über das Programm und den Umgang damit?

Das ist bisher zweimal passiert. Aber ich hatte vor kurzem eine Anfrage aus Lüneburg, woher auch immer sie das wussten. Sie haben sich nach unseren Erfahrungen mit diesem Kontrollprogramm erkundigt.

 

 

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