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Der Preis der Nationalgalerie ist kaputt

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Der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst ist kaputt. Nicht ganz. Aber zwei von vier Werken wollen nicht, wie sie eigentlich sollen. Die Buttermilch probt und das iPad streikt. Ich frage die Aufsicht beim kaputten iPad, einer Arbeit von Christian Falsnaes, ob nicht wenigstens die Probe bei der Buttermilch unterbrochen werden könnte. Denn dann könnte man den Raum mit dem Werk von Anne Imhof wieder öffnen - und statt der Hälfte der Werke wäre nur noch ein Viertel nicht zu sehen. Das könne sie nicht entscheiden, sagt sie, ich solle mich am Infostand beschweren, dann käme es ganz oben an. Mit dem Finger zeigt sie in die Luft, nach oben, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen. Ich verstehe, sehe aber davon ab. Und während ich langsam den Raum verlasse, um wieder auf die andere Seite des Hamburger Bahnhofs zur Buttermilch zu gehen, erzählt die Aufsicht ihrem Kollegen, wie verärgert, gar sauer all die Besucher seien.

Auf der anderen Seite angelangt, frage ich die dort zuständige Aufsicht, wie die Lage bei der Buttermilch sei und ob er vielleicht abschätzen könne, wann der Raum wieder geöffnet werde. Ja das, das wisse er leider auch nicht. Noch dazu verstehe er das auch alles nicht. Immerhin sei der Raum heute schon das zweite Mal auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das, ja das, verstehe er alles nicht. Er schüttelt den Kopf und läuft weiter mit langsamen Schritten im Raum hin und her.

Derweil mache ich mich auf den Weg zurück zum iPad, vielleicht hat in der Zwischenzeit eine Wunderheilung stattgefunden. Schon aus der Ferne höre ich Stimmengewirr, offenbar haben die Besucher nach wie vor Grund zur Verärgerung. Also gut, ein letztes Mal zurück zur Buttermilch. Aber auch dort schüttelt die Aufsicht mit dem Kopf, als er mich im Türrahmen stehen sieht. Ich gebe auf.

Und da ich ja unter anderem im Hamburger Bahnhof bin, um meine Stimme für den Publikumspreis abzugeben, schreibe ich auf die Postkarte: Der Preis der Nationalgalerie ist kaputt.

 

Die Preisverleihung findet am 18. September um 19 Uhr im Hamburger Bahnhof statt. Allerdings ausschließlich für geladene Gäste. Mehr zu den Nominierten und ihren Werken hier.
Titelbild: Die Nominierten Künstler für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst 2015: v.l.n.r. Christian Falsnaes, das Künstlerkollektiv Slavs and Tatars, Anne Imhof und Florian Hecker. Foto: David von Becker

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