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„Komm kaufen!“

Kürzlich fand für die Jungen Freunde des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Münster eine Premiere statt: Ihre erste Sitzung, auf der sie demokratisch über einen aus dem eigenen Etat finanzierten Kunstankauf für ihr Museum entscheiden konnten.

Die Jungen Freunde gingen 2005 aus dem bereits über 30 Jahre bestehenden Freundeskreis des Landesmuseums Münster hervor. Während die Grundidee dieses klassischen Förderkreises von Beginn an war, die Sammlung des Museums auszubauen und zu unterstützen, haben die Jungen Freunde diesen Schritt nun zum ersten Mal gewagt. Zu den Jungen Freunden zählen Azubis, Studierende, junge Familien und Berufstätige, die alle eines gemeinsam haben: ein lebendiges Interesse für Kunst. Diese Leidenschaft leben sie beispielsweise bei vom Organisationsteam für sie auf die Beine gestellten Ausstellungspreviews, exklusiven Führungen, Kunstreisen oder Blicken hinter die Museumskulissen aus. Neben dieser ideellen Bindung zwischen Museum und Jungen Freunden spielte jetzt zum ersten Mal die finanzielle Unterstützung eine Rolle.

Unter dem Motto „Komm kaufen!“ kamen die Jungen Freunde an einem Freitagabend im Museum zusammen, um darüber zu entscheiden, mit welchem Werk sie das Museum beglücken möchten. „Es war von Anfang an klar, dass die Jungen Freunde den Schwerpunkt ihrer ersten Ankäufe auf junge zeitgenössische Kunst mit Bezug zu Münster legen wollten“, so Bastian Weisweiler, Sprecher der Jungen Freunde und Student der Kunstgeschichte in Münster. „Die Auswahl der potenziell anzukaufenden Werke und Objekte obliegt, analog zum klassischen Münsteraner Freundeskreis, nicht den Jungen Freunden selbst. Welche Werke in der Ankaufssitzung vorgestellt werden, wird durch den Direktor unseres Landesmuseums, Herrn Dr. Hermann Arnhold, und dessen Kuratoren entschieden. Der Vorstand der Jungen Freunde hat hier eine beratende Funktion.“ Nachdem die Kuratoren ihre Vorschläge vorgestellt haben, wurde die Bahn freigegeben für rege Diskussion unter den Mitgliedern.

Das „Haus im Gebirge“ sollte es sein

Die demokratische Wahl fiel schließlich auf die Fotografie Haus im Gebirge aus der Reihe „Real Landscapes“ von Thomas Wrede

und cutoutalbers von Martin Pfeifle. „Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte verfügte bis dato nicht über einen fotografischen Sammlungsschwerpunkt. Wir hoffen, dass dieser vielleicht mit Hilfe der Jungen Freunde ausgebaut werden kann“, schildert Weisweiler. Mit Wredes Haus im Gebirge ist ein vielversprechender erster Schritt getan. Der Künstler studierte von 1985 bis 1991 selbst an der Kunstakademie Münster und lehrte dort von 1998 bis 2005 Fotografie. Mittlerweile stellt er nicht nur in Münster, sondern unter anderem auch in Berlin, Helsinki, New York, Istanbul und Kapstadt aus. Mit cutoutalbers von Martin Pfeifle erwarben die Jungen Freunde ein Werk mit direktem Bezug zum Museum. Es entstand für die Ausstellung „Aufriss“, die sich kurz vor dem Teilabriss des Hauses mit den alten Ausstellungsräumen und deren Geschichte im Sinne eines „Raumlabors“ auseinandersetzte.

Wie die Finanzierung des Ankaufes möglich gemacht wurde, mag man sich an dieser Stelle vielleicht fragen. In Zeiten von Studiengebühren und Wirtschaftkrise kann sich doch kaum eine Privatperson Investition in Kunst erlauben, oder?

Sabine Mensing, Geschäftsführerin des Freundeskreises, erklärt: „Unser Vorstand hat uns einen Betrag zur Verfügung gestellt, der in etwa den gesamten Jahresbeiträgen der Jungen Freunde entspricht. Der Grundgedanke der Fördervereine besteht darin, die Mitgliedsbeiträge möglichst ungeschmälert den Ankäufen zu widmen.“

Mäzenatentum zum Erhalt der Museumskultur

Mit 25 € im Jahr sind die Jungen Freunde des Westfälischen Landesmuseums dabei! Dieser moderate Mitgliedsbetrag beinhaltet außerdem kostenlosen Museumseintritt und Teilnahme an allen von den Jungen Freunden organisierten Veranstaltungen. In den nächsten Monaten stehen zum Beispiel verschiedene Ausstellungspreviews, Kirchengewölbebesichtigungen, eine Radtour zu den Skulpturprojekten 1977-2007 oder eine Ausstellungsführung mit dem Museumsdirektor auf dem Programm.

Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Münster

Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster

Zwar sind die Jungen Freunde Münster neben denen der Hamburger Kunsthalle deutschlandweit die einzigen, die demokratisch über ihre Ankäufe entscheiden, doch leben auch die anderen Freundeskreise der Bundesinitiative „Junge Freunde Kunstmuseen“ von der Idee, Interesse und Engagement kunstinteressierter junger Leute zu fördern und sie über ihr Veranstaltungsprogramm ans Museum zu binden.

Wer passionierter Kunsthistoriker ist und mit offenen Augen durch die Kunstwelten spaziert, versteht Weisweilers abschließenden Kommentar: „Die Ankäufe der Freundeskreise bilden einen wichtigen Grundstock bei Neuerwerbungen der Museen. In Zeiten knapper Kassen im Kulturbetrieb ergibt sich daraus die Möglichkeit, die Sammlung eines Hauses zu pflegen und vor allem weiter auszubauen. ‚Mäzenatentum‘ klingt eventuell etwas angestaubt, nach alter Welt und elitärem Zeitvertreib, aber wir sind davon überzeugt, dass wir als junge Generation unseren Beitrag zur Erhaltung und Weiterführung der Museumskultur leisten können, ja vermutlich auch müssen.“

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