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Doppelt hält besser

Doppelt und dreifach absichern sollte sich, wer eine reich bebilderte Dissertation in den Druck gibt. Nachdem das Schreiben Zeit und Nerven gekostet hat und endlich der passende Verlag gefunden ist, heißt es nun: Bildrechte einholen. Letzteres kann mehr Geld als erwartet kosten, wenn das Urheber- und Persönlichkeitsrecht verletzt wird. artefakt sprach mit Reinhard Fraenkel, Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht, Internetrecht und Datenschutzrecht, und befragte ihn zum Thema Bildzitat und „gemeinfreie“ Bilder. Was es alles zu beachten gilt, erfahrt ihr hier.

Gilt das Zitatrecht bei Abbildungen in Print- und Onlinepublikationen?

Bevor ich kurz auf die Frage eingehe, muss zunächst noch etwas grundsätzlich geklärt werden, nämlich: der Sinn und Zweck des Zitatrechts. Jedes Zitat ist ein Eingriff in das Urheberrecht. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Text- oder ein Bildzitat handelt. Aber diesen Eingriff in das Urheberrecht müssen, jedenfalls in aller Regel, sowohl Urheber als auch Verlage oder sonstige Herausgeber eines Werkes hinnehmen. Das Zitatrecht soll nämlich insbesondere die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem Werk ermöglichen. Insofern spielt die Frage des Zitatrechts natürlich insbesondere bei wissenschaftlichen Publikationen eine große Rolle.
Unterschieden werden muss grundsätzlich zwischen dem so genannten Großzitat und dem Kleinzitat. Das Großzitat, berechtigt ein komplettes Werk zu zitieren. Diese Form des Zitats ist im Wesentlichen beschränkt auf die wissenschaftliche Diskussion. Diese Zitatform kann auch nicht willkürlich gewählt werden. Es muss einen sachlichen Grund für das Zitat geben. So ein Grund kann zum Beispiel gegeben sein, wenn man sich mit einer bestimmten Form auseinandersetzten will und es aus Gründen der Anschauung notwendig ist, diese Form konkret zu zeigen. Natürlich muss das Großzitat wie auch jedes andere Zitat kenntlich gemacht und der Urheber beziehungsweise die Quelle angegeben werden.

Das Zitatrecht gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob vom Zitat in einer Print- oder Onlinepublikation Gebrauch gemacht wird. Bei einer Online-Publikation rate ich allerdings zur Vorsicht. Insbesondere bei älteren Werken kann es sein, dass der Urheber gegenüber seinem Verlag über Online-Rechte noch gar nicht verfügt hat. Unter diesen Bedingungen dürfte vor allem das Großzitat problematisch sein.
Da Abbildungen grundsätzlich auch Werke im Sinne des Urheberrechts sind, gilt das Zitatrecht auch für Abbildungen. Da üblicherweise Abbildungen insgesamt und nicht in kleinen Ausschnitten dargeboten werden, wird man beim Bildzitat in aller Regel vom so genannten Großzitat ausgehen müssen. Aber natürlich ist insbesondere bei wissenschaftlichen Publikationen ‒ also auch Promotionen ‒ diese besondere Form des Großzitats in aller Regel vom Gegenstand der Arbeit gedeckt. Es leuchtet ein, dass ein kunsthistorisches Werk, das sich beispielweise mit den Wirkungen eines bestimmten bildenden Künstlers beschäftigt ohne Abbildungen nicht auskommt.

Wer haftet für ein rechtswidrig veröffentlichtes Zitat?

Grundsätzlich der Autor, jedenfalls bei Promotionen. Der Autor ist verantwortlich für die korrekte Quellenangabe und auch dafür, dass er sich gegebenenfalls eine Abdruckgenehmigung besorgt.

Spielt bei Architekturabbildungen auch das Persönlichkeitsrecht eine Rolle?

Diese Frage tangiert unterschiedliche Problemfelder. Zunächst ist zu fragen: Ist das abgebildete Gebäude ein Werk im Sinne des Urheberrechts? Diese Frage ist für die Mehrheit von Gebäuden zu verneinen. Wenn dies so ist, wird durch die Veröffentlichung eines derartigen Architekturfotos auch das Persönlichkeitsrecht des Architekten nicht tangiert. Handelt es sich aber um ein urheberrechtsschutzfähiges Werk, dann muss natürlich in einer wissenschaftlichen Publikation auch der Architekt genannt werden. Das ist gewissermaßen Teil der Quellenangabe. Der Architekt kann allerdings die Abbildung des von ihm geschaffenen Gebäudes auch aus dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts heraus keinesfalls verhindern, denn es handelt sich um „Kunst im öffentlichen Raum“, die jedermann abbilden und dann auch veröffentlichen darf. Wie für nahezu alles haben die Juristen auch dafür einen schönen Begriff gebildet: Es handelt sich um die Freiheit des Panoramas. Nur wenn das Gebäude nicht öffentlich zugänglich ist, bedarf die Abbildung des Gebäudes auch einer besonderen Zustimmung, dann allerdings der Zustimmung des Eigentümers.
Und noch ein Problemfeld kommt hinzu. Die Fotografie selber die veröffentlicht werden soll, stellt ihrerseits ein Werk im Sinne des Urhebergesetzes beziehungsweise des Kunsturhebergesetzes dar. Insofern bedarf der Verlag, der ein Architekturfoto veröffentlichen will, natürlich auch der Zustimmung des Lichtbildners, oder auf gut deutsch des Fotografen.

Darf man Bilder, deren Urheberrechtsschutz abgelaufen ist, beliebig veröffentlichen?

Das ist eine interessante Frage. Das Urheberrecht ist ja zeitlich befristet. In der Bundesrepublik endet es 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers. Seine Werke werden dann, wie man sagt, „gemeinfrei“. Diese Gemeinfreiheit spielt aber insbesondere eine Rolle bei Werken, die beliebig reproduzierbar sind. Also insbesondere bei Werken der Literatur und der Musik. Bei Bildern aber handelt es sich in der Regel ja um Unikate. Diese Unikate stehen in aller Regel im Eigentum von Sammlern oder Museen. Anders als beispielsweise Werke der Architektur befinden sich derartige Bilder in der Regel in geschlossenen Räumen. Das Hausrecht beispielsweise gibt Museen durchaus die Handhabe, in ihren Räumlichkeiten das Fotografieren zu verbieten. Museen haben ein eigenes Interesse an der Vermarktung ihrer Bilder. Entsprechend können sie, gestützt auf das Eigentumsrecht, die Veröffentlichung von Fotos eines bestimmten Bildes untersagen. Die Frage ist aber, darauf soll hier auch verwiesen werden, höchst strittig. Allerdings halte ich es für zulässig, dass man Fotos aus Büchern, die nicht mehr dem Urheberrechtsschutz unterliegen, auch ohne weitere Erlaubnis in Print- oder Onlinepublikationen verwerten darf. Nur zur Klarstellung sei allerdings angemerkt, dass auch bei gemeinfreien Werken insbesondere im wissenschaftlichen Diskurs natürlich die Quellenangabe zum Zitat gehört. Fehlt sie, setzt sich der Autor immer des Risikos des Plagiatsvorwurfs aus. Bei Promotionen kann die Unterlassung der korrekten Quellenangabe sogar dazu führen, dass die Promotion verweigert wird, weil ja der Autor ohne Kenntlichmachung eines Zitats fremdes Gedankengut als eigenes ausgibt er also auf gut deutsch bes…

Welche Möglichkeiten haben Wissenschaftler, um sich vor der Veröffentlichung von Bildern in ihren Publikationen rechtlich abzusichern?

Ich kann ihnen nur trotz des grundsätzlich bestehenden Zitatrechts empfehlen, sich in jedem Fall eine Abdruckerlaubnis beziehungsweise eine Veröffentlichungserlaubnis zu besorgen. Das mag im Einzelfall lästig sein, aber dennoch schützt es vor zukünftigem Ärger. Soll beispielsweise ein bestimmtes Bild der Malerei in einer Promotion ausführlich besprochen werden, kann es nur sinnvoll sein, das entsprechende Museum um Erlaubnis der Veröffentlichung des Abbilds zu ersuchen. Das ist letztlich keine große Mühe. Viele Museen halten ja mittlerweile virtuelle Rundgänge durch ihre Sammlungen bereit, das heißt die Werke der Kunst sind dann auch digitalisiert bereits verfügbar, so dass auch die Zurverfügungstellung eventueller Reproduktionen auf kein großes Problem mehr stoßen sollte. Soweit es sich um Bilder lebender Künstler handelt, empfehle ich auch wissenschaftlichen Autoren, sich mit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) in Verbindung zu setzen, die über die meisten Bildrechte lebender Künstler, auch sehr vieler Fotografen, verfügt. Wenn überhaupt für eine entsprechende Abdruckerlaubnis ein Honorar verlangt wird, ist dies in aller Regel so gering, dass es bei den sonstigen Kosten einer Promotion nicht ins Gewicht fallen sollte. Keine Probleme gibt es natürlich dann, wenn beispielsweise der Doktorand im Bereich der Architektur selber eigene Fotos verwendet. Zu seinem eigenen Schutz sollte er allerdings dann im Abbildungsverzeichnis der Arbeit die so beigestellten Bilder auch entsprechend kennzeichnen.

2 Kommentare

  1. Anika Meier sagt

    Du meinst, ob du angeben musst, welchem Buch usf. du dein Bildmaterial entnommen hast? Ja, Abbildungsnachweise gehören eigentlich auch schon in Seminararbeiten, dementsprechend dann auch in Qualifikationsschriften wie Bachelor-, Master- und Magisterarbeiten. Du musst dich allerdings erst bei der Publikation einer Arbeit um die Bildrechte kümmern.

  2. Anika Meier sagt

    Genau, das gehört ans Ende der Arbeit ins so genannte „Abbildungsverzeichnis“; kann man auch unter der Überschrift „Abbildungsnachweis(e)“ oder „Bildnachweis“ usf. laufen lassen.

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