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Aufgelesen 2015.5: brennende Autos, unverschämte Interpunktion und nicht so schlimme Weihnachtsmusik

Unter dem Stichwort Aufgelesen versammeln wir Fundstücke aus dem Netz. Leseempfehlungen sowie Kurioses über Kunst und fern der Kunst findet hier seinen Platz.

 

Wir glauben ja, dass wir auch einen Bildungsauftrag haben. Deshalb beginnen wir unsere Leseempfehlungen mit der Frage: „Was macht eigentlich ein Literaturagent?“ Dass jemand 150 Bücher geschrieben hat, ist an sich schon beeindruckend. Das hat der Literaturagent Gerald Drews nämlich gemacht. Und ein Agent zu sein, klingt auch super. Wer also diesen Berufswunsch hat, bekommt im Interview mit dem Blog Sätze und Schätze einen Einblick ins Metier.

Ebenfalls interessant ist die Geschichte der Interpunktion:

In the 3rd Century BCE, in the Hellenic Egyptian city of Alexandria, a librarian named Aristophanes had had enough.

Wovon Aristophanes genug hatte, und wer die Interpunktion wieder abschaffte, gibt es bei BBC Culture zu lesen. Glaubt man der Berichterstattung letzter Woche, steht uns übrigens eine weitere Revolution in Sachen Satzzeichen bevor. Eine Studie in den USA hat nämlich herausgefunden, dass Punkte am Ende von Kurznachrichten ziemlich unhöflich sind.

Es wandeln sich übrigens nicht nur die Formen unserer Kommunikation. Wer glaubt, dass unsere innersten Gefühle nicht historisch bedingt sind, täuscht sich. Beispiel: Schüchternheit.

Am besten zeigt sich das beim Dating im Netz. Schüchternheit wird ritualisiert: Jeder, der sich auf diesen Plattformen aufhält, weiss, dass der andere auch am Suchen ist. Niemand läuft Gefahr, sich zu blamieren, wie er oder sie es in einer Bar tun würde, wo man Fremde ansprechen muss und nicht einmal weiss, ob der andere frei und an einem Kontakt interessiert ist

Ob wir also nun im Zeitalter der digitalen Schüchternheit sind, lässt sich in der NZZ nachlesen.

Vor ein paar Wochen brannte ein Auto, genauer gesagt, das Auto von Beatrix von Storch. Verständlicherweise war die AfD-Politikerin darüber nicht erfreut. Nun ist sie aber auch nicht erfreut darüber, dass die Schaubühne ein Stück von Falk Richter zeigt, in dem von Storch nicht eben vorteilhaft dargestellt wird. Freilich hat das nichts mit brennenden Autos zu tun, aber mit der Frage, wie politisch Theater sein darf. 

In der e-flux stellt Morgan Quaintance die Frage, wie nützlich Kunst sein darf. Denn die Turner-Prize-Vergabe an die britische Architektengruppe Assemble vergangene Woche hat eine Diskussion ausgelöst, ob Kunst nicht viel radikaler ist, wenn sie ihre Autonomie behauptet.

Wir wärmen ja ungern die Brutalismus-Debatte noch einmal auf. Aber wir sind gespannt auf die Verfilmung von J. G. Ballards Roman „High-Rise.“ Da wird nämlich ein sehr elegantes modernes Wohnhochhaus zum Schlachtfeld. Das Ganze im 1970er Dekor und mit viel Sichtbeton. Der Film hatte zwar schon im September in Toronto Premiere, aber wir hoffen, dass er es auch in die deutschen Kinos schafft. Sehr schön übrigens auch die fiktive Seite des fiktiven Architekturbüros. Hier der Trailer:

War vergangene Woche noch was los außer Star Wars? Die British Library jedenfalls hat sich die Mühe gemacht, in Handschriften aus dem Mittelalter nach Star Wars Charakteren zu suchen. Und wurde dabei fündig: Yoda, Jedi und Sith gab es schon immer. Im Philosophie Magazin fragt man sich derweil: War Heidegger ein Sith? Und Open Culture hat noch mehr Empfehlungen auf dem Schirm, wenn es um Star Wars und das Fantum geht.

Läuft also. Das kann man von der Serie Deutschland 83 nicht behauptenWas vor einigen Wochen als deutsche Serienhoffnung auf RTL startete, ist in Zahlen gemessen wohl zu einem Desaster geworden. Die Welt sucht nach Antworten auf die Frage: „Warum wir keine deutschen Serien sehen wollen“.

UFA Fiction, die Produktionsfirma von „Deutschland 83“, hat die Zuschauer via Facebook gefragt. Offensiv. Wie denken sie über den „Quotenflop“? Weniger ein inhaltliches Problem, so laut UFA die überwiegende Meinung, sondern ein Bündel verschiedener Gründe, vom Image des Senders bis zu falschem Onlinemarketing. Die „Mauer“ zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und den Privaten sei „doch um einiges dicker als gedacht“, konstatierte der Produzent der Serie, Jörg Winger. Es brauche „noch mehr Mundpropaganda als sonst“.

Auch die FAZ fragte fast verzweifelt: „Warum sieht das keiner?“

Der Zeithintergrund der achtziger Jahre sei dafür weniger ausschlaggebend als das Thema – ein DDR-Spion im sich zuspitzenden Kalten Krieg, die Angst vor einem Atomschlag. Angesichts aktueller Kriege und Krisen – etwa dem Terror in Paris – suche das Publikum auch bei Serien offenbar eher nach leichter Unterhaltung.

Jetzt ist fraglich, ob es überhaupt eine zweite Staffel geben wird. Schade. Zum Trost: ze.tt hat eine Liste von sehenswerten Serien erstellt, die schon nach wenigen Folgen vorbei waren. Deutschland 83 wäre nicht allein. Noch mehr Trost: der erste Twin Peaks Trailer ist da. Vulture sagt dazu: „it’s a bit meta and very eerie.“


Wer jetzt etwas zur Beruhigung braucht, der sehe Nick Offerman dabei zu, wie er 45 Minuten lang Whisky trinkt. In einem Schaukelstuhl neben einem Kamin. Gemütlich. Oder höre Miranda July zu, wie sie über ihre Performance New Society spricht.

Einer der beruhigendsten Texte des Jahres kommt kurz vor dessen Ende von Lutz Seiler. In der Zeit schreibt er über sein Jahr in Rom als Stipendiat an der Villa Massimo. Stipendiaten haben es nicht leicht …

Schon wenig später lag alles in Trümmern. Der Roman verweigerte sich, und zwar grundsätzlich. Gleichzeitig die Termine der Villa, fürsorgliche Angebote, dazu die Ideen der Künstlerbetreuerin, Besichtigung von Caravaggio, Konzert im Villino, Exkursion nach Olevano, Kino im Haupthaus und so weiter – alles ganz wunderbar, nur nicht für den, der nicht schreibt. Der, der nicht schreibt, möchte keine Termine, keine Exkursionen und vor allem: keine Künstler sehen. Er möchte jetzt kein Künstlerheim … Schon am Morgen starrte ich mit müden Augen auf mein weißes Papier, Unruhe machte sich breit. Mal zog ich diesen, mal jenen Ordner aus dem Schrank und blätterte wild in meinen Notizen – gerade die Morgenstunden galt es zu nutzen, denn schon ab 10 Uhr begannen die beiden Gärtner der Villa ihre ohrenbetäubende Arbeit am Park. Besonders verhasst: die elektrischen Heckenscheren und ein traktorähnlicher Rasenmäher, den der kleinere, dickere Gärtner in einem endlosen Kreisverkehr über die Wiesen lenkte.

Irgendwann hat er wieder zu sich und zu einem ganz anderen Text gefunden, für den er 2014 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Wer 2015 den Büchnerpreis gewonnen hat, ist uns auch noch in Erinnerung: Rainald Goetz. Das Tübinger Seminar für Rhetorik findet die Preisrede auch preiswürdig. Wir sind gespannt, ob Goetz eine Preisrede zur Verleihung des Preises für seine Preisrede hält. David Hugendick erinnert für die „Zeit“ noch einmal daran, warum Goetz den Büchnerpreis verdient hat:

Die Texte beziehen ihre Energie aus der Hypertrophie des Berliner Alltags, in den Goetz sich, meist mit gehörigem Lustekel, hineinwirft und mit seinem feinnervigen Wahrnehmungsapparat protokolliert, was es zu protokollieren gibt.

Weihnachten steht vor der Tür. Deshalb haben wir für Euch: Cool Christmas Music That Doesn’t Suck. Aus dieser Reihe hier ein Schmankerl.

 

 

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